Demokratie macht Schule: Was wäre, wenn Jugendliche Lehrpläne mitgestalten?

Rebekka Dober (YEP - Stimme der Jugend)

Eindrücke zum Vortrag von Christine Gfrerer, Studentin der PH Vorarlberg

Einleitung: Warum Partizipation?

Das Sozialunternehmens „YEP (Youth Empowerment Partizipation) – Stimme der Jugend“, mit Rebekka Dobler an der Spitze, setzt sich mit Herzblut dafür ein, die Stimmen der Jugend in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu integrieren. Ziel: Ermöglichung von Empowerment und Selbstwirksamkeit von Jugendlichen und Demokratie erfahrbar zu machen. YEP sieht sich selbst als YEP als Drehscheibe und Partner für inklusive Jugendbeteiligung in Politik & Wirtschaft und erreicht österreichweit über verschiedene Kanäle (Schule, Young Change Makers etc.) rund 35.000 jungen Menschen.
Das aktuelle Projekt von YEP, dem größten Jugendbeteiligungsprojekt Österreichs in Zusammenarbeit mit dem BMBWF, gibt Schülerinnen erstmals die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung von Lehrplänen mitzuwirken.

Aber warum ist Partizipation so wichtig?

  1. Partizipation als Recht: Laut der Kinderrechtskonvention der UN haben Kinder und Jugendliche das Recht, an Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligt zu werden. Die Forderung, dass Kinder an Entscheidungsprozessen teilnehmen, welche sie betreffen, ist rechtlich in der Kinderrechtskonvention verankert und ist von fast allen Staaten der Vereinten Nationen ratifiziert worden. Die Kinderrechtskonvention („Übereinkommen über die Rechte des Kindes – Convention of the Rights of the Child, CRC“) umfasst 54 Artikel und wurde 1992 in Österreich ratifiziert und ist Teil der internationalen Menschenrechtsverträge.
  2. Werkzeug für Chancengerechtigkeit: Partizipation ermöglicht es allen Jugendlichen, unabhängig von ihrem Hintergrund, ihre Perspektiven und Bedürfnisse einzubringen und somit gleiche Chancen zu haben.
  3. Expertise einbringen: Jugendliche sind Expert*innen ihrer Lebenswelt. Sie wissen am besten, was sie brauchen und was ihnen in ihrem Lernalltag hilft.
  4. Bildung und Demokratie stärken: Durch Partizipation erleben Jugendliche Selbstwirksamkeit, was ihr Vertrauen in die Demokratie stärkt und sie zu aktiven Bürger*innen macht.
  5. Glaubwürdigkeit und Wirkungssicherung: Echte Partizipation muss glaubwürdig sein und konkrete Auswirkungen haben. Nur so können Jugendliche erleben, dass ihre Stimmen zählen.

Wie kann Partizipation gelingen?

Um Partizipation erfolgreich und wirkungsvoll zu gestalten, bedarf es bestimmter Prinzipien und Herangehensweisen:

  • Ownership als Prinzip: Jugendliche sollen sich als Eigentümer*innen des Prozesses fühlen und die Verantwortung übernehmen.
  • Inklusion als Grundhaltung: Jede*r Jugendliche soll die Möglichkeit haben, sich einzubringen, unabhängig von seinen Fähigkeiten oder seinem Hintergrund.
  • Fehlerkultur: Fehler werden als Lernchancen gesehen und offen angesprochen.
  • Kommunikation: Eine klare und transparente Kommunikation ist entscheidend, um alle Beteiligten auf dem gleichen Stand zu halten.

Digitale Tools und demokratisches Miteinander

Digitale Tools wie Mentimeter, Padlet, und Miro erleichtern die Partizipation, indem sie Raum für Brainstormings und Feedback schaffen. Zudem gibt es Regeln für ein demokratisches Miteinander, das sogenannte „Social Contracting“. Dazu zählen u.a.:

  • Offene Haltung und Safe Space: Ein sicherer Raum, in dem alle Meinungen respektiert und gehört werden.
  • Viele Hände und viele Augen Prinzip: Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, Prozesse werden transparent gestaltet und von vielen überprüft.

Sucess Story: #Demokratie macht Schule

Mit dem Projekt #Demokratie macht Schule haben bereits über 20.000 Jugendliche in Europa ihre Ideen und Wünsche eingebracht. Dieses Projekt zeigt, dass Partizipation nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich ist. Bei diesem Pionierprojekt dürfen junge Menschen zum ersten Mal in der Geschichte Österreichs aktiv an der Gestaltung des Lehrplans mitwirken. Ziel des BMBWF ist es, alle relevanten Stakeholder in den Erstellungsprozess eines umfassenden Lehrplans einzubeziehen. Dabei stehen junge Menschen im Mittelpunkt, da sie direkt von den Entscheidungen betroffen sind.
YEP ist der Initiator dieses inklusiven Partizipationsprozesses und sichert dessen Wirksamkeit. „Ohne Wirkung ist Partizipation nur Feedback.“ In diesem Sinne wurde ein Wirkungsvertrag abgeschlossen, der am 17. Februar 2023 bei einer Pressekonferenz öffentlich präsentiert wurde. Die Ergebnisse des Jugendberichts dienen als Grundlage für den ersten Entwurf des neuen Lehrplans. Dieser wird von einer Steuergruppe des BMBWF erstellt und von einem vielfältigen Jugendbeirat begleitet, den YEP speziell für diesen Prozess ins Leben gerufen hat.

Stufen der Partizipation nach Roger Hart

Roger Hart (1992) und Wolfgang Gernert (1993) haben das Modell „Partizipation als Stufenmodell“ definiert. In diesem Modell unterscheiden sie 9 verschiedene Stufen der Beteiligung, welche die Intensität und Realität der Partizipation unterscheiden. Sie startet mit der Stufe 1 – Fremdbestimmt, bei der die Beteiligten die Ziele der Beteiligung nicht kennen und die Inhalte fremd bestimmt sind und endet mit der Stufe 9 - die Selbstverwaltung/Selbstorganisation: Hier haben die jungen Menschen absolute Freiheit über die Definition, Ausarbeitung und Umsetzung des Projektes und handeln aus ihrer Motivation heraus. Die dazwischenliegenden Stufen gehen von Dekoration (Stufe 3), über Alibi-Teilnahme (Stufe 3), Teilhabe (Stufe 4) bis zur Mitbestimmung (Stufe 7) und der Selbstbestimmung (Stufe 8), bei denen die jungen Menschen in Entscheidungen mit einbezogen werden, diese gemeinsam und demokratisch treffen und Projekte durch Eigeninitiative starten, gegebenenfalls mit der Unterstützung von Erwachsenen. (Landesjugendring Hamburg o.J. Online)

So ist zum Beispiel ein Projekt in einer Schule, bei dem es wenig Handlungsspielraum für die Schüler und Schülerinnen gibt und die Entscheidungsträger alle Abläufe, Strukturen und Ziele vorbestimmt haben, wenig selbstbestimmt. Die Schüler und Schülerinnen sind nur Akteure in einem Prozess, der mit Selbstbestimmung und Selbstorganisation wenig zu tun hat. Ein Beispiel für diese Fremdbestimmung oder Scheinpartizpation ist ein Schülerparlament, das die Schüler und Schülerinnen zwar abhalten, der Inhalt und was besprochen wurde aber in keiner Weise Konsequenzen hat.

Fazit: Eine Zukunft mitgestalten
Indem wir Jugendlichen die Möglichkeit geben, Lehrpläne mitzugestalten, fördern wir nicht nur ihre Selbstwirksamkeit und ihr Vertrauen in die Demokratie, sondern schaffen auch eine Bildung, die besser auf ihre Bedürfnisse und Herausforderungen abgestimmt ist. Rebekka Dober und YEP zeigen uns, wie wichtig und bereichernd es ist, wenn wir den Mut haben, junge Menschen wirklich mitbestimmen zu lassen. Denn wenn es um ihre Zukunft geht, gilt: „If it’s about them, don’t do it without them.”


Rückmeldungen der Zuhörenden

Nach der Diskussion wurde den Zuhörenden über Mentimeter die Frage gestellt, was sie aus dem Vortrag mitnehmen. Hier die Rückmeldungen: